Bergen - Vornehme Benediktinerinnen
und gewandte Jesuiten
Biletrud (Wiltrudis), Witwe des Herzogs Berthold von Bayern aus dem Geschlecht der Luitpoldinger, stiftete um das Jahr 976 in Bergen (bei Neuburg a. d. Donau) ein Benediktinerinnenkloster. Die Herzogswitwe trat jedoch nicht nur als Stifterin auf, sondern diente ihrem Kloster auch als erste Äbtissin. Papst Johannes XV. bestätigte 988 die Neugründung und nahm Bergen 995 unter päpstlichen Schutz. Eine erste in der Gründungszeit errichtete Kirche war der hl. Maria geweiht, seit dem 11. Jahrhundert verwies das Patrozinium „Hl. Kreuz“ auf die in Bergen verehrte Kreuzreliquie. Denn Kreuzpartikel zählten zu den wertvollsten Bestandteilen einer Reliquiensammlung. Die Kreuzreliquie in Bergen begründete dementsprechend eine florierende Wallfahrt. Im Jahr 1007 übertrug Kaiser Heinrich II. das Kloster Bergen seinem neu errichteten Bistum Bamberg. Im Zuge der Hirsauer Reform wurde Bergen vom Reformzentrum Admont aus erneuert und erhielt um 1156 den neuen Admonter Ordo. Die Vogteirechte über das Kloster lagen bei den bayerischen Herzögen. Ein Brand verursachte um 1156 schwere Schäden an der um 1095, wohl ursprünglich in Form einer Basilika, errichteten Klosterkirche. Die noch heute erhaltene Krypta ist diesem Kirchenbau des 11. Jahrhunderts zuzuordnen. Bemerkenswerterweise erstreckte sich die Krypta unterhalb des gesamten Ostbaus. Nach dem Brand von 1156 entstand eine dreischiffige, gewölbte Hallenkirche, die unter Bischof Otto von Eichstätt geweiht wurde. Überreste dieses Baus des 12. Jahrhunderts sind das Südportal, der Turm sowie einige Reste im äußeren Mauerwerk. Der Turm wurde mit deutlichem Abstand von den Außenmauern in der Funktion eines Torturms über den Zugang zum Kloster gesetzt. Bauhistorisch wäre es sogar denkbar, dass das gesamte mittelalterliche Kloster Bergen festungsartig von Mauern und Türmen umgeben war. Um 1400 wurden unter der Äbtissin Anna von Galinstein die Klostergebäude erneuert, Mauerreste finden heute sich in dem im 18. Jahrhundert angebauten ehemaligen Schulgebäude. Darüber hinaus haben fünf Joche des westlichen Kreuzgangflügels die Jahrhunderte überdauert. Die Schwester des berühmten Nürnberger Humanisten Willibald Pirkheimer, Susanna Pirkheimer, wirkte von 1521 bis 1529 in Bergen als Äbtissin. Susannas Nachfolgerin wurde ihre Schwester Euphemia, die Herzog Ottheinrich von Pfalz-Neuburg 1544 kurzerhand absetzen ließ, nachdem sie sich geweigert hatte, zum evangelischen Glauben zu konvertieren. Im Jahr 1552 hob Ottheinrich das Kloster Bergen endgültig auf. Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm kehrte zum katholischen Glauben zurück und leitete in Neuburg die Gegenreformation ein.
Als Konsequenz seiner gegenreformatorischen Tätigkeit übertrug Wolfgang Wilhelm 1635 das Kloster in Bergen den Jesuiten zu Neuburg. Die Jesuiten ließen die Klostergebäude abbrechen und führten das gewonnene Baumaterial einer Zweitverwendung für ihr Seminar zu. Um jedoch der Wallfahrt nach Bergen neue Impulse zu geben, unterzogen die Jesuitenpatres die ehemalige Klosterkirche um 1700 einer Renovierung. Im Zuge dieser Renovierungsmaßnahmen wurde die Krypta um ihre noch heute bestehenden Seitenräume erweitert. Von 1756 bis 1758 realisierten Martin Buchtler und Domenico Sales nach Plänen von Giovanni Domenico Barbieri, dem Baumeister des Eichstätter Domkapitels, den Umbau der Kirche im Stil des Rokoko. Die Kirchenmauern wurden erhöht, einige Kapellen anfügt, die Langhauspfeiler entfernt sowie dem Chor das östlichste, achte Joch zugeordnet. Die romanische Krypta wurde um ein Joch - auf dann sechs Joche - reduziert, die Chorseitenräume erfuhren eine Umgestaltung. Joseph Köpf besorgte die Stukkaturen im Innenraum, Johann Wolfgang Baumgartner aus Augsburg schuf die farbenprächtigen Fresken 1799 wurde das oberste Turmgeschoss erneuert, da Einsturzgefahr bestand. (Laura Scherr)
LITERATUR
Bosl, Karl (Hg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands VII, Stuttgart 1961, S. 79f.
Diebheuer, Franz, Romanische Steinmetzzeichen an Kirche und Turm zu Bergen, in: Neuburger Kollektaneenblatt 142 (1994), S. 55-92
Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bayern IV: München und Oberbayern, München/Berlin 1990, S. 119-122
Grimminger, Christina: Pfarr- und Wallfahrtskirche Hl. Kreuz in Bergen, Regensburg 1999
Hämmerle, Alois: Die ehemalige Kloster- und Wallfahrtskirche zu Bergen bei Neuburg a. D., ihre Geschichte und Beschreibung, Eichstätt 1907 (Sammelblatt des Historischen Vereins Eichstätt 21, 1906)
Wallfahrtskirche Heilig Kreuz in Bergen ist Münster
Bischof Hanke lässt den erloschenen Titel wieder aufleben
Die Pfarr- und Wallfahrtskirche Heilig Kreuz darf ab sofort wieder als „Münster“ bezeichnet werden. Das hat der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke nach Rücksprache mit den zuständigen Gremien entschieden. Historische Forschungen haben ergeben, dass die Kirche bereits im Mittelalter als „Münster“ bezeichnet wurde (Salbuch 251/Staatsarchiv Nürnberg; siehe untenstehendes Dokument). Der Titel ist allerdings im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten.
Der Begriff „monasterium“ bezeichnete ursprünglich meist Kirchen, die Teil eines Klosters oder Stifts waren. „Münster“ ist demnach ein althergebrachtes Wort für eine herausragende Kirche mit ehemals klösterlichem Hintergrund. Der Bischof einer Diözese kann ein Bauwerk aber auch zum Münster erheben. Dazu muss es historisch oder baulich von besonderer Bedeutung und außerdem Zentrum des liturgischen und pastoralen Lebens sein. Die Heilig-Kreuz-Kirche in Bergen erfüllt alle diese Kriterien, wie Bischof Hanke betont.
In Anbetracht dieser historisch gegebenen Doppelgleisigkeit bei der Verwendung des Begriffs „Münster“ hat Bischof Hanke nun in Rücksprache mit dem Konsultorium die Verwendung des Begriffs „Münster“ für die Bergener Kirche offiziell erlaubt. Es handelt sich jedoch nicht um eine Erhebung zum Münster, sondern um die Erlaubnis, den einst verwendeten, aber nunmehr erloschenen Titel erneut aufleben zu lassen. Das ehemalige Benediktinerinnenkloster wurde 976 von Wiltrud, der kinderlosen Witwe des Bayernherzogs Berthold gegründet. Zur Klostergründung erhält die Gründerin einen Partikel des heiligen Kreuzes. 1542 wird das Kloster durch den protestantischen Pfalzgrafen Ottheinrich aufgehoben. Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm übergab das Kloster nach der Rekatholisierung 1635 den Neuburger Jesuiten. Diese bauten die Wallfahrt zum Kreuzpartikel aus und errichteten 1755 die heutige Kirche, die sich in die romanischen Bauteile aus dem 12. Jahrhundert einfügt. Die Gemeinde feiert im Jahr zwei Kreuzfeste, zu denen viele Wallfahrer anreisen. In den Glanzzeiten der Wallfahrt (1710 bis 1730) pilgerten bis zu 116 Pfarreien zur Wallfahrt in die Ortschaft Bergen, die im Volksmund auch „Baring“ genannt wird.
Quelle/Fundstelle:
Staatsarchiv Nürnberg: Reichsstadt Nürnberg, Salbuch 251.
Transkription:
Am 5. September 1156:
Das Reginilind die erwelt Abtissin gein Paring kam und
do sie uf das Feld bei Paring kam mitsambt Abt Got-
frid und seiner Geselschaft, do kamen auch daselben di
zwen Bischoff von Bamberg und Eystet und der Convent
von Herzprugkh und der Convent von Paring und gieng
all mit einer ersamen ordenlichen Procession bis fur
fron Althar * mit dem Munster zu Paring und mit loblichen
Gesenng wurden die Abtissin und die gesamelten des
Convents unverziglich miteinander vereynth als
die getrewen Gelider irem Hawbt. Und ward die
erwirdig Reginilind bestettigt und confirmirth und
entspringt von dem einen Bischoff das Besorgenn der seell
und geistlichen Gewalt und von dem andern werntlichen
Gwalt und Rechtigung.
* "Fronaltar" = Hochaltar